Elmar Hermann setzt sich in seiner Kunst mit der Komplexität zwischenmenschlicher Kommunikation auseinander

Ideen entstehen im Kopf. Manchmal auch im Bauch. Bei Elmar Hermann beginnen sie als Skizzen. Der Neuwieder Künstler ist pragmatisch. Und ungeduldig. „Eine Zeichnung ist für mich die schnellste Möglichkeit, meine Gedanken aufs Papier zu bringen“, so der 43-Jährige.

Elmar Hermann liebt Zwischenräume
Skizzieren geht über Studieren

Was bitteschön hat Kunst mit Kommunikation zu tun? Ein Maler, der während seiner Arbeit ständig redet? Oder ein Bildhauer, der dem Publikum immerzu erklären muss, was er sich bei seinem Werk gedacht hat? Bei Elmar Hermann ist es die als Skizze zu Papier gebrachte Idee. „Das ist der erste Schritt zur zwischenmenschlichen Beziehung“, sagt der in Neuwied geborene Künstler. „Von der Kommunikation geht für mich eine gewisse Faszination aus. Vor allem die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern hat es mir angetan. Denn die bietet viel Raum für Interpretation und Missverständnisse.“

Ideen werden sofort auf Papier gebracht
Zwischenräume sichtbar machen

Zu Beginn seiner Arbeit stehen oft Filmszenen, in denen sich Vater und Tochter oder Mutter und Sohn im Profil gegenüberstehen. Dabei kommt es aber nicht auf die beiden Protagonisten an, sondern auf den Raum, der zwischen den beiden Köpfen existiert. Mithilfe eines computeranimierten 3D-Programms erfolgt dann die skulpturale Umsetzung. Aus dieser Vorlage wird die eigentliche Skulptur gefertigt. Ein möglicher Werkstoff bei der Umsetzung ist dabei Aluminium.   

Chillen am Kunstwerk
Wie funktioniert Sprache?

Neben seinem Studium der Bildenden Kunst an der renommierten Kunstakademie Düsseldorf hat Elmar Hermann zeitgleich Linguistik mit dem Schwerpunkt Pragmatik an der Düsseldorfer Heinrich-Heinrich-Universität studiert. Vor allem die Bedeutung von Alltagssprache fasziniert ihn. Dies spiegelt sich in seinen Werken wider. „Wenn ich für spezielle Ausstellungssituationen arbeite, muss die Kommunikation zwischen den Auftraggebern und mir passen. Sonst klappt es nicht.“

Der Neuwieder Künstler vor der Rasselstein-Werkshalle
Zwischen den Welten

In der Vergangenheit war der Familienvater ein wandelnder Künstler zwischen den Welten. Bevor er zurück in seine Heimat kam, lebte und arbeitete Elmar Hermann in New York, Los Angeles und Düsseldorf. „Ich kann überall auf der Welt arbeiten. Am liebsten aber dort, wo meine Kunstwerke auch ausgestellt werden.“

Vor ein paar Jahren wurde hier noch körperlich hart gearbeitet
Horror und Industrie

Sein aktuelles Atelier mitsamt Ausstellungsraum befindet sich nur einen Steinwurf von seinem Wohnhaus entfernt. Auf dem Rasselstein-Gelände hat er eine künstlerische Heimat gefunden. Aber nicht nur in der Industriebrache holt er sich seine Inspirationen, auch Horrorfilme spielen eine wichtige Rolle. Wie bitte? „Ich habe ein Faible für gut gemachte Horrorstreifen. Die dort vorkommenden Charaktere sind allesamt sehr physisch. Und immer wieder dreht sich alles um Körperkontakt, wenn Untote über die Leinwand stolpern. Ein guter Horrorfilm reißt mich mit. Und manchmal möchte ich meine Kunst so machen, wie Stephen King seine Geschichten schreibt.“

Industriekulisse als Kunstraum
Kunstmachen lernen

Der Düsseldorfer Meisterschüler und Sprachwissenschaftler möchte sein Wissen um die Kunst gerne an junge Menschen weitergeben. Deshalb übernimmt er immer wieder Gastprofessuren an Kunsthochschulen in Mainz, Leipzig, Düsseldorf. „Kunst muss immer vermittelt werden“, ist sich Elmar Hermann sicher. In Neuwied unterrichtet er zum ersten Mal auch Schüler und Schülerinnen am Rhein-Wied-Gymnasium.

„Hier schließt sich für mich ein Kreis. Denn ich war in Neuwied auch mal Schüler.“ Jetzt bringt er an zwei Tagen in der Woche den Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Jahrgangsstufen die Kunst näher. „Ich bin Bildermacher und kein Lehrer. Das spüren die Schülerinnen und Schüler. Kunst wird in meinem Unterricht nicht erklärt, sondern vermittelt. Kunst kann man oft einfach demonstrieren – zum Beispiel mit Skizzen an der Tafel.“ Darüber hinaus lehrt er am Institut für künstlerische Keramik und Glas in Höhr-Grenzhausen. Auch dort vermittelt er den Studierenden im Gespräch, wie künstlerische Praxis funktioniert.

Kultur ist nie Chefsache. Sie ist ein gruppendynamisches Projekt

Elmar Hermann, Künstler und Kommunikator
An diesem Schreibtisch arbeiten auch die Kids von Elmar Hermann gerne
Wir sind viele

Ein wichtiger Teil seines Schaffens sind Gemeinschaftsarbeiten. Viele seiner Ausstellungskonzepte im In- und Ausland basieren auf dem Mitwirken von befreundeten Künstlerinnen und Künstlern sowie von Studierenden. Genau das möchte Elmar Hermann jetzt in den leerstehenden Hallen auf dem Rasselstein-Gelände realisieren. Interessenten aus nah und fern gibt es viele.

Hier sollen möglichst viele Künstlerinnen und Künstler ausstellen
Verein für künstlerische Vielfalt

In den kommenden Wochen möchte Elmar Hermann mit kunstinteressierten Menschen zwischen Bonn und Koblenz einen Verein gründen, um die vielfältigen Bedürfnisse unter einem Dach zu bündeln. Zu diesem Zweck soll der Neue Kunstverein Mittelrhein (NKM) demnächst aus der Taufe gehoben werden. „Ziel ist es, zeitgenössische Kunst in einer historischen Werkhalle auf dem Rasselstein-Gelände erfahrbar zu machen“, so der Initiator. „Im Mittelpunkt steht die Förderung junger nationaler wie internationaler Kunst und Kultur sowie deren Vermittlung hier in der Region. Jeder, der Interesse hat, kann Mitglied werden und das Kunstmachen hautnah miterleben!“

Hinter dieser Industriekulisse verbirgt sich Kunst
Künstlerische Freiheit

Eine ehemalige Werkshalle wird als riesiger Ausstellungsraum dienen. Gleich nebenan entstehen Ateliers für eingeladene Künstlerinnen und Künstler. Dort ist reichlich Platz für großformatige bildhauerische Arbeiten aus den bevorzugten Werkstoffen Keramik, Glas und Aluminium.

Auf die Details kommt es an
ASAŞ mit im Boot

Unterstützt wird der neue Kunstverein von der Firma ASAŞ, der das Rasselstein-Gelände gehört. Vor sieben Jahren gründete der türkische Aluminiumproduzent ASAŞART, um Kunstprojekte zu unterstützen. „Wir freuen uns natürlich riesig, dass uns das Unternehmen die Halle kostenfrei zur Verfügung stellt und die künstlerische Verwendung von Aluminium ermöglicht“, so der Vereinsgründer weiter.

Elmar Hermann gründet einen neuen Kunstverein
Wichtige Kooperationen

Darüber hinaus kooperiert der Neue Kunstverein Mittelrhein mit der Hochschule Koblenz, die den Keramikbereich unterstützen wird. Auch Absolventinnen und Absolventen des Instituts sollen ins Programm des Vereins eingebunden werden. Um die künstlerische Herstellung, Bearbeitung und Gestaltung von größeren Glasprojekten kümmert sich die in Neuwied ansässige Firma TARDIS. Die Stiftung Sayner Hütte in Bendorf und das Künstlerhaus Schloss Balmoral in Bad Ems werden den NKM mit einem internationalen Stipendiatenprogramm tatkräftig unterstützen. So ist der Verein auf dem besten Weg, ein Zentrum für junge internationale Kunst im Mittelrheintal zu werden.

Bodenkunst

Text und Fotos © (11) Holger Bernert

Das muss ich wissen ...

www.elmarhermann.net

www.nkvm.de

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