Für ein außergewöhnliches Stück Holz fährt Felix Rech auch schon mal 300 Kilometer. Während der Fahrt überlegt sich der 35-Jährige bereits, was er daraus machen könnte. Der Neuwieder ist ein echter Holzwurm. Seit drei Jahren macht er aus altem Holz schöne Möbel und außergewöhnliche Wohnaccessoires. Seine arbeitsintensiven Unikate sind unter Liebhabern sehr gefragt. Im Marco Polo Reiseführer Neuwied, den es im örtlichen Buchhandel zu kaufen gibt, gilt sein Kunsthandwerk als „Top-Highlight“ in der Deichstadt am Rhein.

"Learning by doing"
Dabei ist Felix Rech kein gelernter Handwerker. „Ich habe mir das Schreinern und Tischlern selbst beigebracht“, erzählt der Kunsthandwerker, der mit Frau und zwei Kindern in der Deichstadt lebt. „Eine berufliche Ausbildung in diesem Beruf brauche ich auch nicht.“ Und der Erfolg gibt ihm recht: Mit „Learning by doing“ gehört er mittlerweile zu den gefragtesten Holzwerkern in der Region, der seine Unikate bis nach Österreich und Russland verkauft. In Deutschland liefert er besonders viele seiner Arbeiten in den Süden. Als wichtiger Absatzmarkt haben sich die Niederlande entwickelt. „Viele Touristen, die das Wiedtal und den Westerwald als Urlaubsziel für sich entdeckt haben, kommen auch nach Neuwied und in meinen Laden.“

Die Anfänge
Angefangen hat alles im Jahr 2018. „Ich war mit meinem Job unzufrieden“, erinnert sich der ehemalige Sozialassistent, der zuletzt in einem Frachtpostzentrum gearbeitet hat. „Das hat alles nicht wirklich Spaß gemacht.“ Dann kam ihm die Idee, einen Gartentisch zu bauen. Für viel Geld kaufte er damals Lärchen- und Eichenholz bei einem Holzhändler. Daraus machte er eine Tischplatte, die er auf ein altes gusseisernes Nähmaschinengestell montierte. Sein erstes Objekt war fertig. „Und es ist mir richtig gut gelungen. Spaßeshalber habe ich es im Internet angeboten. Und siehe da: innerhalb weniger Stunden war es verkauft. Ich habe sogar Gewinn gemacht.“

Gartentische & Co.
Davon kaufte sich Felix Rech direkt neues Holz. Fündig wurde er bei einem Schreiner an der belgischen Grenze, der einen Eichenholzstamm im Angebot hatte. „Eigentlich wollte ich ja Pflaumenholz, aber die Eiche hatte es mir angetan.“ In wenigen Tagen war schließlich ein weiterer Gartentisch entstanden, der heute noch hinter dem Wohnhaus der Familie steht.

Heimische Hölzer
In den zurückliegenden drei Jahren sind auf diese Weise 250 handgefertigte Dinge zum Leben entstanden. So werden aus uralten Eichenbohlen Sitzbänke und Couchtische, aus einem tragenden Kirschholzbalken eines Fachwerkhauses aus den 1720er Jahren stylische Lampen und immer wieder findet man auch nützliche Gebrauchsgegenstände für die Küche in seinem Angebot. Dabei verbindet Felix Rech immer wieder Holz auch mit anderen Gegenständen wie Industrielampen, Bücherrücken oder Epoxidharz. So entstanden viele Unikate in einem ganz besonderen Look.

Rechdachs Design
Mittlerweile verarbeitet er in seiner Holzwerkstatt, die er bisher „The BadgerWoodworks“ nannte und jetzt „Rechdachs Design“ heißt, überwiegend Altholz. „Am liebsten arbeite ich mit alten Bohlen aus historischen Häusern. Da steckt jede Menge Geschichte drin.“ Aber auch Frischholz wird von ihm bearbeitet. Dann muss es allerdings eine ganz besondere Form haben und einige Jahre in seinem Holzlager im nahegelegenen Saffig abgelagert werden.

Werkstatt mit Holzlager
Dort werden auch die groben Arbeiten wie Sägen und Hobeln erledigt. Die Feinarbeiten nimmt sich Felix Rech in seiner Werkstatt direkt neben seinem Wohnhaus in Neuwied vor. Eine Werkstatt mit eigener Geschichte, denn hier hat auch sein Vater bereits sein Unternehmen gegründet. Von Routine bei der Holzbearbeitung kann keine Rede sein. „Jedes neue Werkstück ist eine echte Herausforderung. Ich habe als blutiger Anfänger begonnen. Mittlerweile bin ich im Umgang mit dem Werkstoff Holz und den entsprechenden Maschinen sehr fit. Trotzdem lerne ich jeden Tag noch ein bisschen dazu.“ Auch beim Thema Werkzeug. „Von Anfang an habe ich darauf geachtet, nur hochwertige Werkzeuge und Maschinen zu kaufen. Mein verstorbener Großvater sagte immer, dass wir zu arm seien, um billigen Schrott zu kaufen. Daran habe ich mich bis heute gehalten.“

In der Ruhe liegt die Kraft
Felix Rech investiert viel Zeit in die Holzbearbeitung. Sehr viel Zeit. „Mit Sägen und Hobeln ist es ja nicht getan. Das Holz muss noch geschliffen werden.“ Und das dauert sehr, sehr lange. Je nach Größe des Werkstücks kann es bis zu sechs Stunden dauern, bis der Kunsthandwerker mit seinem Schleifergebnis wirklich zufrieden ist. „Das macht mir aber nichts aus. Im Gegenteil: Während des Schleifens kann ich total abschalten. Dann kommen mir auch Ideen für neue Projekte.“ Nach dem Schleifen wird geölt. Auch das macht er mit stoischer Ruhe und Gelassenheit. Hektik sieht anders aus.

Zu seinen aufwändigsten Stücken gehört sicherlich der „Buchenseetisch“, den er aus einer Baumscheibe gefertigt hat, die schon arg zerfressen war. „In der Mitte des Baumstamms hatten Hornissen ein Nest gebaut. Als ich die Scheibe gesehen habe, kam mir sofort die Idee, den Hohlraum mit Marmorkies und Pyrit auszufüllen. Dieses Mineral wird auch als Katzen- oder Narrengold bezeichnet, weil es so schön glitzert und schnell mit echtem Gold verwechselt wird. Mein Bruder hat es auf Elba gesammelt. Aufgefüllt habe ich das Ganze Schicht um Schicht mit Epoxidharz. LED-Licht illuminiert den künstlichen See des ‚Rivertable‘ von unten.“
Aus altem Eschenholz, das jahrzehntelang auf dem Dachboden der Abtei Rommersdorf gelagert war, baute er für die Gastronomie in der Orangerie einen weiteren „Rivertable“, der mit vielen individuellen Gimmicks bestückt wurde und als Theke genutzt wird. Auch die alten Buchrücken hat Felix Rech in der Mitte eines Beistelltischchens in den Kunststoff gehüllt. Epoxidharz ist nach dem vollständigen Aushärten ungiftig und lebensmittelecht.
„Wir sind zu arm, um billigen Schrott zu kaufen.“
Werner Rech, Großvater von Felix Rech

Eigener Showroom
In seinem kleinen „Showroom“ in der Nähe des Historischen Rathauses in Neuwied gibt es keine festen Ladenöffnungszeiten. Unter 0178 6823743 können aber individuelle Termine ausgemacht werden. Unter www.etsy.com/shop/rechdachsdesign gibt es eine Auswahl der Werkstücke.

Fotos (10) © Holger Bernert
Da muss ich hin ...
Rechdachs Design
Felix Rech
Kirchstraße 56
56564 Neuwied
Öffnungszeiten
Keine festen Ladenzeiten (Termin telefonisch unter 0178 6823743)
So macht lesen Spaß! Wie viel man in einem schön geschriebenen Text erfahren kann, ohne das es langweilig, öde oder trocken wirkt. Die Geschichten sind so mit Leben gefüllt, dass ich sie immer wieder gerne lese und mich auf jede neue freue!
Neuwied braucht genau diese Aufmerksamkeit!
Eine wahre Perle!
Es macht wirklich Freude die Artikel über Neuwied zu lesen, es sind kleine Kurzgeschichten die Künstler und Menschen von ihrer natürlichen Seite zeigen!!!
Sehr schöne Darstellung und wenn man sich die schönen Fotos anschaut, kann man sich ein bisschen reinversetzen, wie jeder sich mit seiner Stadt identifiziert!!
Weiter so!!!