Keramikkünstler Manfred Brachtendorf gestaltet seine Heimat Engers Ton in Ton

Durch seine Keramikkunst macht Manfred Brachtendorf die 666-jährige Geschichte von Engers für alle sichtbar. Da gibt es zum Beispiel den „Grauen Turm“ als Teil der mittelalterlichen Stadtmauer, den der diplomierte Keramiker bereits zigfach gegossen hat. Wir haben ihn und seine Frau Brigitte in seinem Haus in der Wandplattensiedlung in Engers besucht.

Hommage an Engers

Seit mehr als einem halben Jahrhundert arbeitet der 77-Jährige professionell mit dem natürlichen Baustoff Ton. Seither ist er das Lieblingsmaterial des Handwerkers, Designers und Künstlers. „Für mich gehört Kunst- und Gebrauchskeramik ins Haus, ans Haus und ums Haus herum“, sagt er. Als sein schmuckes Einfamilienhaus in Engers fertig wurde, hat er die Hauswand zum Garten hin nicht etwa verputzen lassen. „Schon damals war mir klar, dass hier ein Relief hinmuss. Natürlich nur mit Motiven aus Engers.“

Dieses Wandrelief entstand nach dem Hausbau

Lieblingsmotive

Seither gehören Häuser aus dem 5.500 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Neuwieder Stadtteil zu seinen Lieblingsmotiven. „Die meisten Gebäude kenne ich noch aus meiner Kindheit. Ich hänge sehr an meiner Heimat“, erklärt das Engerser Urgestein, das seine Unikate in meisterlicher Handarbeit anfertigt.

Der „Graue Turm“ der Stadtmauer von Engers in Ton

Der lange Weg zum Keramiker

Manfred Brachtendorf ist im Nachkriegsdeutschland aufgewachsen. Nach dem Besuch der Höheren Handelsschule in Neuwied stand eigentlich fest, dass er eine kaufmännische Berufsausbildung absolviert. „Ich konnte mir aber damals nicht vorstellen, den ganzen Tag über an einem Schreibtisch zu sitzen“, erinnert er sich. Doch dann spielte ihm das Schicksal in die Karten, als er in der Vorweihnachtszeit 1962 eine Weihnachtskrippe aus Knete modellierte. „Die ist mir einigermaßen gut gelungen.“ Das fand auch ein Verwandter, als er sagte, der Junge müsse unbedingt nach Höhr-Grenzhausen. „Was das zu bedeuten hatte, war mir damals noch schleierhaft.“

Manfred Brachtendorf ist Keramikmodelleur und Diplom-Keramiker

Ausbildung im Westerwald

Und so machte sich der Handelsschüler mit seinem Vater Willi auf in den Westerwald. Die beiden hatten einen Termin in der Keramischen Fachschule in Höhr-Grenzhausen. Während eines Gesprächs zeigte sich der Direktor sehr angetan von den Fähigkeiten des Jungen. Und so vermittelte er auch gleich einen Ausbildungsplatz in der bekannten Porzellanmanufaktur Sgrafo. Dort begann für Manfred Brachtendorf eine dreijährige Lehrzeit zum Keramikmodelleur. „Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Meine Schulfreunde mit Schlips und Anzug in der Bank und ich zwischen Ton, Gips und jede Menge Feuchtigkeit.“

Der Keramikkünstler im Selbstporträt

Wir müssen in allen Lebenslagen füreinander da sein

Manfred Brachtendorf zu seinem Arbeits- und Lebensmotto

Keramiker mit Diplom

Nach anfänglicher Skepsis stellte sich der engagierte Lehrling den überaus anspruchsvollen Aufgaben. Seine Ausbildungszeit endete mit einer viertägigen Prüfung, die er schließlich mit Bravour meisterte. Im keramischen Handwerk zählte die Ausbildung zum Modelleur zur Königsdisziplin. Nach der Gesellenprüfung studierte Manfred Brachtendorf sechs Semester Keramikdesign. „Während dieses Vollzeitstudiums an der Fachschule Keramik in Höhr-Grenzhausen arbeitete ich nebenbei jeden Samstag und in den Semesterferien in meinem ehemaligen Ausbildungsbetrieb.“

Dieser stilisierte Eisvogel entstand während seiner Lehrzeit

Neues Betätigungsfeld

Mit dem Diplom in der Tasche beteiligte sich Manfred Brachtendorf an einer Ausstellung junger Absolventen der Fachschule Keramik. „Meine Arbeit hat wohl auch den Geschäftsführer von Jasba im benachbarten Ransbach-Baumbach überzeugt. Er hat mir sofort einen Job angeboten.“ Fortan arbeitete er in jungen Jahren als Chef-Modelleure beim Marktführer für Zier- und Gefäßkeramik sowie glasierter Mosaike. „In der Werkstatt habe ich mich anfänglich auf Modellarbeiten für namhafte Künstler konzentriert. Später konnte ich auch eigene Entwürfe umsetzen.“

Im Garten sitzen diese beiden Sonnenanbeter

Fachlehrer und Praxisanleiter

Anfang der 1980er suchte der Diplom-Keramiker eine neue berufliche Herausforderung und wechselte in den Betrieb eines ehemaligen Kommilitonen. Dort war er als Gestalter und Modelleur in jedem Produktionsbereich involviert. Parallel zu seiner Arbeit war Manfred Brachtendorf als Fachlehrer im praktischen Unterricht an der Berufsschule tätig. „Immer freitags lehrte ich die Schüler im Bereich der Berufsorientierung. Außerdem war ich an der Gestaltungsfachschule tätig und war für die Ausbildung von Lehrlingen verantwortlich.“ In seinen Kursen an der Volkshochschule Andernach, gab er in beliebten Töpfer- und Keramikkursen sein Fachwissen an die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiter. „Wenn man Menschen einen Klumpen Ton in die Hand gibt, entstehen daraus schnell kleine Kunstwerke. „Denn in jedem steckt ein Künstler“, ist der Engerser überzeugt. Nach 42 Jahren musste er diese Aufgabe im letzten Jahr aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

Im Keller hat der 77-Jährige eine eigene Keramikwerkstatt

Leidenschaft bleibt

Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage in der Keramikbranche, wechselte Manfred Brachtendorf 1996 in den Zubehörhandel und Betrieb für keramischen Bedarf nach Ransbach-Baumbach. „Ich bin zu meinen handwerklichen Wurzeln zurückgegangen und baute wieder Modelle.“ Als die Gesundheit nicht mehr mitspielte, ging er 2008 im Alter von 62 Jahren vorzeitig in Rente. Doch von Ruhestand keine Spur: Im Keller seines Hauses in der Wandplattensiedlung richtete er sich eine professionelle Werkstatt mit Brennofen ein. Hier entstehen bis heute Figuren und Gebrauchskeramik für den Garten. „Mir ist es wichtig, meine langjährigen Erfahrungen an Menschen weiterzugeben, die gerne mit dem Naturmaterial zu arbeiten.“

Auch im Ruhestand ist der Keramikkünstler weiterhin aktiv

Glücklich verheiratet

Seit 51 Jahren ist Manfred Brachtendorf glücklich mit seiner Brigitte verheiratet. Die beiden sind Eltern von zwei erwachsenen Kindern. „Ich habe gemeinsam mit meiner Tochter und meinem Sohn auch von den handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten meines Mannes profitiert“, berichtet die ehemalige kaufmännische Angestellte. In ihrer Freizeit entstanden in Gemeinschaftsproduktion zahlreiche selbstentworfene Puppen. Während sie die Gestaltung der Puppen übernahm und die Kleidung nähte, war er für die Herstellung der Köpfe, Hände und Füße aus Keramik zuständig. In Zukunft wollen beide etwas kürzertreten und den Ruhestand genießen. Doch so ganz möchte Manfred Brachtendorf dann doch nicht auf seine keramische Leidenschaft und die Liebe zu seinem Fußballverein FV Engers 07 verzichten.

Dieses Unikat steht für Geborgenheit, Achtsamkeit und Fürsorge

Das muss ich wissen …

Manfred Brachtendorf
manfred.brachtendorf@icloud.com

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert